Gedenken der Deportationen aus den ukrainischen Städten Rawa Ruska und Schowkwa im Jahr 1942 in das Vernichtungslager Belzec

Am Sonntag, den 22.03.2015, besuchte eine Gruppe von Schüler*innen aus Rawa Ruska und Schowkwa die Gedenkstätte Belzec. Auf ihrem Besuch gedachten sie der Deportationen aus ihren Ortschaften in das Vernichtungslager. Das Bildungswerk Stanisław Hantz hatte den Besuch ermöglicht.

Anwesend waren Vetreter*innen des Bildungswerks Stanisław Hantz sowie der Gedenkstätte Bełżec etwa 40 Schüler_innen aus beiden Städten mit ihren Lehrerinnen sowie eine Mitarbeiterin des regionalen Museums im Schloss von Schowkwa (State Historic-Architectural Reserve in Zhovkva) teil.

Für die meisten Schüler*innen und Lehrer_innen war es das erste Mal, dass sie das ehemalige Vernichtungslager besuchten, an dem rund die Hälfte der Bevölkerung ihrer Ortschaften ermordet wurden. Ermöglicht wurde der Besuch durch die finanzielle Unterstützung des Bildungswerks Stanisław Hantz. Die Schüler hatten zuvor in ihren Städten die jüdische Vergangenheit in einem Wettbewerb kennengelernt.

Die grenznahen Städte – Rawa Ruska ist Grenzstadt zu Polen, während sich Schowkwa auf halbem Wege zwischen der polnischen Grenze und dem 70 km enfernt liegenden Lviv befindet – wurden gleich zu Beginn des Einmarsches der Deutschen in die Sowjetunion besetzt, Rawa Ruska am 22. Juni, Schowkwa am 28. Juni 1941.

Bereits kurz nach der Besetzung richteten die Deutschen in beiden Städten Ghettos ein, in die die jüdische Bevölkerung der Stadt sowie auch umliegender Städte und Dörfer gezwungen wurde umzuziehen. Die ersten Deportationen aus diesen Orten in die Vernichtung nach Bełżec führten die Deutschen gleich in der ersten Woche der Inbetriebnahmen des Vernichtungslagers Bełżec durch: am 19. März wurden 1000 Juden und Jüdinnen aus Rawa Ruska, am 20. März wurden 700 Juden und Jüdinnen aus Schowkwa nach Bełżec gebracht, um dort ermordet zu werden.

Schnell verstanden die Zurückgebliebenen, was in Bełżec geschah: Es gelang Einzelnen, aus den Transporten zu entkommen. Eine 80-jähriger Frau floh nach Rawa Ruska zurück, zwei weitere Frauen, Mina Astman und Malka Taubenfeld konnten sich verstecken und gelangten nach Schowkwa zurück. Die drei Entflohenen berichteten, was sie in Bełżec gesehen hatten, wie die Menschen in die Gaskammern getrieben wurden. Damittrugen dazu bei, die jüdische Bevölkerung zu warnen.

Bei der internationalen Begegnung am 22.03.2015 betonten die Redner*innen die Bedeutung des Gedenkens der Vernichtung eines großen Teiles der Bevölkerung ihrer Städte. Vor der Ankunft der Deutschen betrug der jüdische Bevölkerungsanteil in dem ehemaligen galizischen Schtetl Rawa Ruska 56 %.

Die Schüler*innen hatten sich mittels Unterrichtsmaterialien über die jüdische Geschichte ihrer Städte informiert und sich so mit der multikulturellen Geschichte auseinandergesetzt. Dies wurde vor allem vor dem Hintergrund des Krieges in der Ostukraine als sehr wertvoll hervorgehoben.

Die Lehrerinnen hatten bereits früher an einem Weiterbildungsprogramm des Ukrainian Center for Holocaust Studies in Kiew teilgenommen und bemühten sich, die jüdische Vergangenheit zu thematisieren.

Nach einem Rundgang durch das Museum und die Gedenkstätte Bełżec wurde der Besuch mit einer Gedenkzeremonie abgeschlossen, bei der der Brief von Sara Salzberg vorgelesen wurde, einer in Bełżec ermordeten Mutter, die diesen Brief an ihren Sohn aus dem Deportationszug aus Przemysl geworfen hatte. Zum Schluss wurden Kerzen an den Schriftzügen der Orte Rawa Ruska und Schowkwa angezündet.

Den Abschluss der internationalen Begegnung bildeten ein gemeinsames Essen, Stadtrundgang sowie ein Besuch der Synagoge in der Stadt Zamość.

Schülergruppe in Zamość
Schülergruppe in Zamość
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