Fanja Branzowska-Iocheles

Fanja Branzowska-Iocheles wurde am 22. Mai 1922 in Kaunas, Litauen, geboren. 1927 zog sie zu den Eltern ihres Vaters nach Vilnius. Der Vater Benjamin Iocheles, Jahrgang 1898, arbeitete als Lehrer für Elektromechanik am jüdischen Polytechnikum Vilnius. Außerdem hatten sie eine elektromechanische Werkstatt. Der Vater installierte Elektrizitätswerke in der Umgebung der Stadt und setzte sie instand. Die Mutter Rochl, Jahrgang 1901, war Hausfrau.

Zuerst lernte Fanja in der Schule (dem ehemaligen Gymnasium) von Sofia Markowna Gurewitsch, die sich in der Makowaja-Straße (ehemalige Aguoniū-Straße) befand, und dann im jüdischen Realgymnasium. Man unterrichtete auf Jiddisch. Das Gymnasium war in der Rūdninkų-Straße 6, in dem Gebäude, in dem 1941-1943 der Judenrat des Vilniuser Ghettos arbeitete.

Am 22. Juni 1941 bombardierten deutschen Flugzeuge Vilnius, und in der Nacht zum 24. Juni rückten die deutschen Truppen in die Stadt ein. Man begann sogleich damit, die Juden zu verfolgen und gegen sie gerichtete Gesetze und Verbote zu erlassen. Juden und Jüdinnen durften nicht auf dem Trottoir gehen und nur zu bestimmten Zeiten in bestimmten Kaufhäusern Einkäufe machen und sollten auf unserer Kleidung, hinten und vorne, ein Erkennungszeichen tragen, zunächst den Buchstaben „J“ und später den Davidsstern. Es wurde die Sperrstunde eingeführt. Die Juden sollten alle Wertsachen an die Besatzungsbehörden abgeben: Radioempfänger, Fahrräder, Fotoapparate, Pelzwaren.

Am 6. September 1941 um sechs Uhr morgens klopfte ein litauischer Polizist an die Tür ihrer Wohnung in der Pylimo-Straße 33 und sagte, dass sie ins Ghetto umsiedeln sollten. Sie durften nur diejenigen Sachen mitnehmen, die sie auf einmal tragen konnten. Das Ghetto war in der Nachbarstraße.

Im Angesicht der Vernichtungspolitik der Nazis beschloss Fanja zu kämpfen. Sie schloss sich der FPO an – der Vereinigten Partisanenorganisation („Fareynigte Partisaner Organisatsie“). Deren Mitglieder waren die Vertreter von verschiedenen politischen Parteien. Der Stab bestand aus fünf Personen. An der Spitze war Kommandeur Itzak Witenberg. Die Organisation war in Zellen aufgeteilt. Zunächst bestand eine Zelle aus drei Personen, dann aus fünf. Jeder kannte nur die Mitglieder seiner Zelle. Die Zellen bildeten zwei Bataillone. Die Frauen handelten wie die Männer. Im Ghetto brachte man illegale Flugblätter und Zeitungen für die Untergrundkämpfer der Stadt heraus. Die Menschen sammelten Waffen für den weiteren Kampf gegen die Besatzer. Man brachte die Teile der Waffen ins Ghetto, wo sie zusammengesetzt wurden.

Als im August 1943 die Auflösung des Ghettos näher rückte bereitete sich auch Fanja auf das Verlassen des Ghettos vor, damit sie mit dem Partisanenverband im Rūdninkų-Wald in Verbindung treten konnten. Am 24. September gegen Abend kam Fanja mit ihrer Partnerin im Wald bei den Partisanen an. Sie war in der Partisanenabteilung „Keršytojas“ (,.Rächer“) der Vilniuser Brigade. Dort führte sie viele Gefechtsaufgaben aus, zerstörte Telephonleitungen, sprengte Brücken und Eisenbahnen und betätigte sich als Melderin. In der Abteilung lernte sie auch ihren zukünftigen Mann Michail Branzowski (Jahrgang 1921) kennen.

Fanjas Partisanenabteilung nahm an der Befreiung von Vilnius teil. Offiziell wurde die Stadt am 13. Juli 1944 befreit. Am 22. Juli 1944 feierte Fanja Hochzeit. Ihr Mann starb im Jahre 1985. Sie hat zwei Töchter, drei Enkelinnen, drei Enkel und einen Urenkel. Nach der Befreiung der Stadt arbeitete sie im Statistischen Zentralamt.

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