Vom 12. bis 15.10.2018 war das Bildungswerk Stanisław Hantz mit einer Kurzreise in der Region Lublin unterwegs. Anlass war der 75. Jahrestag des Aufstands im deutschen Mordlager Sobibor am 14. Oktober 1943. Knapp 300 Jüdinnen und Juden gelang damals die Flucht aus dem Lager, nach dem man 11 SS-Leute und zwei Trawnikis töten konnte und den Ausbruch wagte. Der Aufstand in Sobibor war einer der bedeutendsten Akte jüdischen Widerstands im Zweiten Weltkrieg.
Inhaltlich war die Reise stark auf das ehemalige Lager und seine direkte Umgebung ausgerichtet. So besuchten wir am ersten Programmtag erstmals mit einer Gruppenreise die Kleinstadt Chełm, die am südlichen Ende der Zugstrecke nach Sobibor liegt. Die Geschichte und das Gelände des früheren Ghettos erkundete die Gruppe mit den Schilderungen von Kalmen Wewryk. Er lebte hier vor dem Krieg und während der deutschen Besatzung und wurde im Herbst 1942 nach Sobibor deportiert. Zuvor waren dort im Mai des gleichen Jahres bereits seine Frau und seine zwei Kinder nach einer Deportation aus Chełm ermordet worden. In Chełm lebten vor dem Krieg mehr als 12.000 Jüdinnen und Juden, von denen nur wenige den Holocaust überlebten. Die Geschichte Wewryks begleitete die Gruppe auch am Nachmittag beim Besuch der Gedenkstätte Sobibor. Er schildert in seinen Erinnerungen „Nach Sobibor und zurück“ die Zeit im Lager und auch den Tag des Aufstands, den er als einer von nur knapp 50 Geflüchteten überlebte.
Vor der Teilnahme an der Gedenkveranstaltung in Sobibor am 14.10. besuchte die Gruppe die Kleinstadt Włodawa, die wiederum am Nordende der Zugstrecke zum ehemaligen Lager liegt. Auch von dort wurde der Großteil der jüdischen Bevölkerung von den Deutschen ins Mordlager verschleppt und dort ermordet. Den Tag, geprägt durch eine sehr staatsoffizielle Gedenkveranstaltung in Sobibor, beendete die Gruppe an einem kleinen Gedenkort in einem Waldstück im nahegelegenen Zbereże. Dort wurde eine Gruppe von sechs Juden unmittelbar nach der Flucht aus Sobibor an den hiesigen deutschen Grenzschutzposten verraten und von den Angehörigen der Einheit gemeinsam mit zwei noch in Zbereże lebenden Juden erschossen und auf einer Lichtung verscharrt. Erst im Jahr 2010 hat ein Einwohner der Ortschaft, der als Kind Zeuge der Geschehnisse wurde, davon berichtet und den Stelle im Wald gezeigt. Die Stiftung „Fundacja Pamiec“ und das Bildungswerk haben daraufhin den Ort mit Gedenksteinen und einer hölzernen Mazewa (jüdischer Grabstein) markiert und somit einen kleinen Gedenkort geschaffen. An diesem Ort gedachte die Gruppe im Stillen den vielen namenlosen Opfern des Aufstands und der Lagerzeit.