Mit der Ankunft des ersten Todeszuges am 23. Juli 1942 verwandelte sich der kleine, abgeschiedene Bahnhof im Dorf Treblinka in eine Station zwischen Leben und Tod. Von Juli 1942 bis August 1943 mussten Hunderttausende Jüdinnen*Juden, eingezwängt in Güterwaggons, auf dem Bahnhof warten, bis ihr Weg in den Tod fortgesetzt wurde. Grund für den Halt in Treblinka war, dass die Bahnrampe in der Mordstätte Treblinka nur zwanzig Waggons fassen konnte. Am Bahnhof Treblinka wurden die Züge geteilt und dann zu jeweils 20 Waggons in das Lager geschoben.
Die Beschreibungen der Situation auf dem Bahnhof Treblinka von überlebenden Jüdinnen*Juden auf der einen Seite und der örtlichen polnischen Bevölkerung auf der anderen Seite könnten nicht gegensätzlicher sein. Folgt man den Aussagen polnischer Anwohner*innen, waren sie trotz der ständigen Gefahr, von den Wachleuten erschossen zu werden, bemüht, die Jüdinnen*Juden in den Waggons mit Wasser zu versorgen. Polnische Eisenbahner sollen nachts Jüdinnen*Juden zur Flucht aus den Waggons verholfen haben. In den Erinnerungen der jüdischen Überlebenden gab es Wasser und Nahrung nur gegen Wucherpreise. Eine Flasche für 100 Złoty. Ein Kilo Brot für 500 Złoty. Zudem wird berichtet, dass oft nach der Bezahlung, die versprochene Ware nicht in den Waggon gereicht wurde. Auf dem Bahnhof Treblinka versuchten viele Juden*Jüdinnen, aus den Todeszügen zu entkommen. Mit Gewehrschüssen versuchten die Wachmänner Fluchten zu verhindern.
In der betreffenden Zeit passierten täglich etwa 40 Züge die Strecke Warschau – Małkinia/Treblinka. Auch für den deutschen Militärverkehr Richtung Osten war die Bahnstation Treblinka ein Anlaufpunkt. Es rollten Truppen- und Materialtransporte durch Treblinka. Die Menschen in den öffentlichen Personenzügen und die deutschen Soldaten in den Truppentransporten konnten die Szenen auf dem Bahnhof von Treblinka beobachten.
1993 wurde der öffentliche Personenverkehr auf dem Bahnhof Treblinka eingestellt. Für den Güterverkehr wurde der Bahnhof noch bis 1998 genutzt. Danach wurde der Betrieb vollständig eingestellt. 2004 wurde der Bahnhof Treblinka aufgelöst. In der Folgezeit wurden die Bahngleise demontiert und schließlich begann man mit dem Bau einer neuen Straße. Sie wurde über die ehemalige Eisenbahntrasse geführt. Seit 2016 zieht sich die Straße 627 quer durch das ehemalige Gelände des Bahnhofs Treblinka.
Untersuchungen der Technischen Universität Warschau stellten im Jahr 2017 den genauen Standort von zwei Gleisen fest, auf denen die Züge rangiert und warten mussten, bevor die Waggons in die Mordstätte geschoben wurden. Das Gelände, auf dem sich die zwei Gleise befanden, wurde dem Museum Treblinka zur Verfügung gestellt. Im Februar 2019 wurde mit der Errichtung eines Gedenkortes auf dem Gelände des ehemaligen Bahnhofs Treblinka begonnen. Das Bildungswerk Stanisław Hantz e.V. hat sich bislang mit 40.000 Euro an den Kosten beteiligt. Wir wünschen uns, dass den Gedenkort Stacja Treblinka viele Besucher*innen aufsuchen und den Jüdinnen*Juden gedenken, für die der Bahnhof Treblinka ihre letzte Station zwischen Leben und Tod war.
In der Reihe „Texte zur Aktion Reinhardt“ hat das Bildungswerk Stanisław Hantz e.V. die Geschichte des Bahnhofs von Treblinka zusammengefasst. Den Reader können Sie hier lesen.