Erhalt und Instandsetzung „Kommandantur Belzec“

Die Kommandantur des ehemaligen Vernichtungslagers Bełżec ist das letzte erhaltene Gebäude aus dem Lagerkomplex. Seit mehreren Jahren bemühen wir uns mit polnischen Partnerinstitutionen um den Erhalt des Gebäudes und eine nachhaltige Nutzung. Am 22. Juni wird das Gebäude kurzfristig versteigert. Mindestgebot ist 38.000 EUR. Wir möchten diesen einmaligen historischen Ort für die Zukunft sichern und bitten dabei um Unterstützung!

Mindestens 450.000 Menschen wurden zwischen März und Dezember 1942 im nationalsozialistischen Vernichtungslager Bełżec ermordet. Im Rahmen der sogenannten „Aktion Reinhardt“, der planmäßigen Ermordung der jüdischen Bevölkerung Polens, war Bełżec u.a. Deportationsziel nach den Liquidationen der großen Ghettos in Lublin, Lemberg (Lviv) und Krakau. In der Zeit von März bis Juni 1942 wurden zusätzlich mehr als 50.000 jüdische Menschen aus dem Reichsgebiet und den „eingegliederten Gebieten“ in die Region zwischen Lublin und Zamość deportiert. Viele von Ihnen wurden ebenfalls in Bełżec ermordet. In der 2005 eingeweihten neuen Gedenkstätte erinnern die Inschriften auf den Gedenktafeln an die Herkunft der Opfer aus Dortmund, Wuppertal, Düsseldorf oder Essen. In den Deutschland selbst sind das Lager und seine Geschichte überwiegend unbekannt.

Einzelne Erinnerungs- und Bildungsinitiativen versuchen dem entgegenzuwirken. Das Bildungswerk Stanisław Hantz e.V. bietet seit vielen Jahren jährliche Bildungsfahrten zum Thema „Aktion Reinhardt“ in die Region Lublin an. In den letzten Jahren wurde die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern verstärkt, zuletzt konnte mit einer Schulkooperation eine wichtige Brücke in die nahegelegene Ukraine geschlagen werden. Auch mit Blick auf die Vermittlung von Wissen über die „Aktion Reinhardt“ und die Aufrechterhaltung der Erinnerung in Deutschland sind wir ständig auf der Suche nach neuen Projekten.

Von der ursprünglichen Lagerarchitektur ist heute, ähnlich zu den anderen Mordlagern in Sobibor und Treblinka, fast nichts mehr zu sehen. In Bełżec gibt es noch zwei erhaltene und für die Lagergeschichte zentrale Gebäude. Im „Lokschuppen“ waren in der ersten Lagerphase ZwangsarbeiterInnen untergebracht. Später wurden dort die Habseligkeiten der Ermordeten – Kleidung, Taschen, Alltagsgegenstände – für den Weitertransport und die spätere Inwertsetzung durch die Nationalsozialisten vorsortiert. Das Gebäude wurde in der Zwischenzeit an einen privaten Investor verkauft und ist nun systematisch dem Verfall preisgegeben. Nur die Mauern stehen noch.

Bereits seit einigen Jahren bemühen wir uns gemeinsam mit polnischen Partnerinstitutionen um das zweite noch erhaltene Gebäude in Belzec: Die ehemalige Kommandantur des Lagerkommandanten Christian Wirth. Das alte galizische Bauernhaus liegt mitsamt Funktionsgebäude und großem Grundstück gegenüber der heutigen Gedenkstätte direkt an der Verbindungsstraße zwischen Lublin und dem heute ukrainischen Lviv. In der steinernen Scheune im Garten wurden neben Waffen und Munition vermutlich auch die Wertsachen der Ermordeten aufbewahrt.

Das Haus war bis 2007 bewohnt und gehört bis heute der Polnischen Eisenbahn-Gesellschaft PKP. Als Ergebnis unserer Bemühungen wurde das Gebäude nun von Wohnraum zu Gewerbefläche umgewidmet und steht kurzfristig auf einer Auktion zum Verkauf. Das Haus bedarf unterschiedlicher Renovierungsmaßnahmen, ist aber in einem relativ guten Zustand. Um das Gebäude am 22.Juni in Lublin erwerben zu können, benötigen wir rund 35.000 EUR. (Ankündigung der Versteigerung von der PKP) Wir bemühen uns darum bei unterschiedlichen Geldgebern und haben bereits positive Signale für einen Teilbetrag erhalten.

Das eigentliche Ziel, mit einem fertigen Konzept eine Kampagne zum Kauf und Erhalt der Kommandantur zu starten, lässt sich aufgrund des Zeitdrucks nun nicht realisieren.

Worauf bauen wir auf:
– Langjährige historische und pädagogische Arbeit des Bildungswerks Stanisław Hantz in der Region
– umfangreiche Kooperation mit der Gedenkstätte Belzec
– SchülerInnen-Projekte mit Kooperationsschulen u.a. in Rawa Ruska, Żółkiew (Ukraine), Izbica, Belzec, Lubicza Królewska (Polen)
– Langjährige Kooperation mit der Stichting Sobibor (Niederlande)

Der Plan umfasst mehrere Projektphasen. Konkrete Pläne gibt es für den ersten Schritt, in dem im Rahmen von „Workcamps“ das Gelände schrittweise erschlossen und hergerichtet werden soll. Für die Workcamps gibt es bereits unterschiedliche interessierte Gruppen, aus Sportvereinen, Gewerkschaftsjugend und Jugendorganisationen, die auf ihrer Reise nach Polen handwerkliche Arbeit mit Bildungsarbeit und der Erkundung der unterschiedlichen historischen Stätten verbinden möchten.

Im Garten/ Innenhof des Geländes soll auf diese Weise anschließend eine Outdoor-Fläche für eine Ausstellung entstehen, die Besuchern der Gedenkstätte das Gebäude als „Ort der Täter“ vermittelt, aber ebenso Raum für andere mögliche Präsentation bietet.

Unter fachlicher Anleitung sollen auch erste Renovierungsarbeiten am Haus selbst im Rahmen von Workcamps umgesetzt werden. Wir verstehen die gemeinsame Arbeit am Haus als elementaren Teil des Gesamtprojektes. Die Einbindung unterschiedlicher Partnerinitiativen dient der Bekanntmachung des Ortes über Grenzen hinweg und bring eine möglichst große Zahl von Menschen in direkten Kontakt mit Kommandantur, Gedenkstätte und den zahlreichen Orten des Holocausts in der näheren Umgebung der Wojwodschaft Lublin.

Was soll geschehen:
– Erhalt der Kommandantur als historisch wichtiges Gebäude
– Einbeziehung der Kommandantur als „Ort der Täter“ in Führungen und pädagogische Arbeit der Gedenkstätte
– Einrichtung einer Outdoor-Ausstellungsfläche
– Sanierung des Gebäudes und Einrichtung von Workshop-, Ausstellungs- und Begegnungsräumen.

Mittelfristiges Ziel ist die Herrichtung von Räumlichkeiten für Workshops und Gruppengespräche für Besucher der Gedenkstätte. Hierfür sollen selbstverständlich Fachkräfte eingesetzt werden und das ganze Vorhaben kann nur einer professionellen Planung unterliegen. Die Gedenkstätte selbst verzeichnet jährlich steigende Besucherzahlen, besonders von Schulklassen aus der Region. Eine geeignete Infrastruktur für Workshops und Veranstaltungen im Gruppenkontext gibt es vor Ort nicht. Die Gedenkstätte unterstützt unser Vorhaben, kann sich jedoch aktuell finanziell nicht am Projekt beteiligen. Wir wollen mit unserem Projekt dazu beitragen, die Erinnerung an einen der wichtigsten Orte des Holocausts zu erhalten und neue Möglichkeiten für die Auseinandersetzung mit der Geschichte schaffen.

Für den ersten und elementaren Schritt bitten wir nun kurzfristig um Unterstützung. Wir wollen den Kauf des Gebäudes am 22.Juni in Polen angehen und damit das Gebäude für die Zukunft sichern. Wir haben in diesem Zusammenhang ebenfalls eine Crowdfunding-Aktion gestartet. Die Unterstützung kann aber auch zweckgebunden als Spende auf das Konto des „Bildungswerk Stanisław Hantz e.V.“ erfolgen.

Wir freuen uns über jedes Interesse an diesem Projekt.

kommandantur_belzec@gmx.de

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