Am siebzigsten Jahrestag des Aufstands im Vernichtungslager Sobibor am 14. Oktober 2013 kamen über 2000 Menschen nach Sobibor um an den Gedenkfeierlichkeiten teilzunehmen.
Von Mai 1942 bis zum Oktober 1943 wurden in Sobibor direkt nach ihrer Ankunft ca. 190.000 Menschen ermordet. Ca. 1.000 Menschen, darunter 150 Frauen, wurden als Funktionshäftlinge aus den ankommenden Transporten selektiert und mussten Arbeiten für das Lagerpersonal verrichten.
Der Gedanke an Flucht, Aufstand und Revolte kam unter den Funktionshäftlingen des Lagers immer wieder zur Sprache. Den Häftlingen war klar, dass sie als Zeugen des Mordens in jedem Fall getötet würden. Der Aufstand wurde von einer kleinen Häftlingsgruppe minutiös geplant und schließlich am 14.10.1943 durchgeführt. Durch Täuschungsmanöver wurden SS-Männer in Hinterhalte gelockt und von Häftlingen heimlich getötet. Den überwiegend unbewaffneten 550 Arbeits- oder Funktionshäftlingen standen neben den 17 SS-Leuten der Lagerleitung weitere 120 gut bewaffnete und militärisch ausgebildete Bewacher gegenüber. Als der Aufstand offen ausbrach, schlossen sich viele der Gefangenen an. Etwa 320 von ihnen konnten aus Sobibor fliehen, von denen etwa 50 das Ende der deutschen Besetzung Polens erlebten.
An den Gedenkfeierlichkeiten nahmen drei Überlebende des Vernichtungslagers teil: Tomasz (Toivi) Blatt, Philip Bialowith und Jules Schelvis. Sie wurden mit einem Orden der polnischen Republik ausgezeichnet.
Philip Bialowtz erzählte über den Aufstand:
“Wir hatten nichts zu verlieren und fanden es besser durch Kugel zu sterben als im Gas. Leon Feldhendler war Sohn eines Rabbiners. Er hatte einen Plan, allerdings hatten wir keine Waffen. Dann geschah ein Wunder. Mit einem neuen Transport kamen russische Kriegsgefangene mit Sascha Petscherski. Sie hatten Kampferfahrung, konnten uns zeigen, wie man schießt. Ich gehörte mit meinem Bruder zu der Gruppe der 40 Eingeweihten, ich war Bote. Ich rief die SS-Männer zu uns, sagte, dass wir wertvolle Sachen für sie hätten, Ledermäntel, Schuhe, sie könnten sie anprobieren. Drei Mann kamen und später noch welche, elf Gestapo-Männer und einige von der ukrainischen Wachmannschaft töteten wir mit Äxten und Messern. Unser Anführer verlangten von jedem, der überlebt, der Welt zu sagen, was geschehen ist.”
Auch die Gruppe der jährlich stattfindenden Bildungsreise zu den ehemaligen Vernichtungslagern der “Aktion Reinhard” nahm an den Feierlichkeiten teil. Zusätzlich gingen wir auf die Gedenkallee um dort Blumen niederzulegen und an zwei Steinen einem Rabbiner aus Włodawa und einer jüdischen Familie aus den Niederlanden zu gedenken.
Der Staatssekretär des Kulturministeriums der Republik Polen, Piotr Żuchowski, präsentierte den Anwesenden erstmals das Konzept der neuen Gedenkstätte vor, die in den nächsten Jahren entstehen soll.
Eine Gruppe von deutschen Teilnehmern trugen Schilder von Juden und Jüdinnen aus Deutschland, die in Sobibor ermordet wurden. Sie nahmen damit Bezug auf die Äußerung von Cornelia Pieper, in der noch amtierenden Bundesregierung als Staatsministerin im Auswärtigen Amt zuständig für die Beziehungen zu Polen, die fälschlicherweise meinte, deutsche Opfer in Sobibor habe es nicht gegeben. In einem Fernsehinterview sagte sie: „Man hat uns gesagt, dass man bis jetzt Projekte in Sobibor mit anderen Partnern vorbereitet, also mit den Ländern, die davon betroffen waren, die dort auch Inhaftierte hatte. Da war Deutschland nicht dabei.”
Eine offene Frage bleibt, ob die Bundesrepublik Deutschland ihrer Verantwort nachkommen will und das Gedenken an die Vernichtungspolitik Deutschlands und an die Vernichtungslager in Ostpolen finanziell unterstützen wird.
Der Staatsminister des Kultusministeriums der Republik Polen stellte auf den Gedenkfeierlichkeiten das architektonische Konzept der geplanten neuen Gedenkstätte in Sobibor vor. Das Konzept ist das Ergebnis eines Wettbewerbs, der von dem Steering-Komitee im letzten Jahr ausgeschrieben wurde. Es soll, wenn die Finanzierung gesichert sein sollte, bis zum Ende des Jahres 2015 entstehen.