In diesem Jahr sollen die Bauarbeiten zur Umgestaltung der Gedenkstätte in Sobibor beginnen. Voraussichtlich werden sie bis 2017 andauern. In dieser Zeit werden offizielle Besuche nicht möglich sein, das Gelände wird aufgrund der Bauarbeiten abgesperrt.
Nach voraussichtlichem Abschluss der archäologischen Arbeiten Ende März 2015 wird mit den Bauarbeiten begonnen und das Konzept der 3 polnischen Architekten Marcin Urbanek, Lukasz Mieszkowski und Piotr Michalewicz, umgesetzt, die den internationalen Wettbewerb zur Neugestaltung der Gedenkstätte im Jahr 2013 gewonnen hatten. Die Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung hatte diesen ausgeschrieben, ihr Projekt wurde unter 63 Vorschlägen von einer Jury ausgewählt.
Bei einem Besuch der Gedenkstätte in den letzten Jahren fiel der Besucherin und dem Besucher, ähnlich, wie an anderen Stätten des Holocausts in Polen, ins Auge, wie ruhig und idyllisch ein Ort sein kann, an dem Hunderttausende Menschen ermordet wurden. Für viele wirkte dieser Kontrast zwischen der Erinnerung an den Tod Tausender Menschen und der Schönheit des Waldes verstörend.
Die Geschichte der Gedenkstätte Sobibor
Von Mai 1942 bis Oktober 1943 wurden etwa 170.000 Jüdinnen und Juden in dem Mordlager Sobibor getötet. Am 14. Oktober 1943 wagten die Arbeitshäftlinge einen Aufstand. Danach wurde das Mordlager aufgelöst und Ende des Jahres 1943 verließen die deutschen Täter Sobibor.
Es dauerte 20 Jahre nach Kriegsende, bis auf dem Gelände des ehemaligen Vernichtungslagers eine Gedenkstätte errichtet wurde.
Durch die in den 1960er Jahren stattfindenen Gerichstverfahren in Hagen und Krasnodar gegen die deutschen Täter und ihre Helfer (Trawniki-Männer) war der Ort wieder mehr in die Öffentlichkeit gerückt. Am 27. Juni 1965 wurde schließlich eine erste Gedenkstätte eingeweiht.
An dem Ort, wo man damals die Gaskammer vermutete, wurde ein Kubus und die Statue einer Mutter mit ihrem Kind auf dem Arm errichtet. Auf dem Gelände, auf dem sich die Massengräber befinden, wurde ein `Aschehügel´ errichtet, von dem man mittlerweile weiß, dass er keine Asche enthält. Am Eingang der Gedenkstätte wurde eine Mauer mit einer Gedenktafel aufgestellt. Auf dieser war fälschlicherweise auf Polnisch zu lesen: „An diesem Ort bestand von Mai 1942 bis Oktober 1943 ein nationalsozialistisches (eigentlich: hitlerisches) Vernichtungslager. Im Lager wurden 250.000 sowjetische Kriegsgefangene, Juden, Polen, Zigeuner ermordet. Am 14. Oktober 1943 kam es zu einem bewaffneten Aufstand von hunderten Häftlingen, die nach dem Kampf mit den faschistischen Wachmännern entkamen.“
Erst nach unzähligen Eingaben und Initiativen gelang es dem ehemaligen Häftling Sobibors, Tomasz Toivi Blatt, 1993 durchzusetzen, dass eine neue Platte angebracht wurde, auf der unmissverständlich zu lesen war, dass Sobibor ein Mordlager für jüdische Menschen war. Tomasz Blatt, der nach dem Krieg in die USA auswanderte, begann bereits in den späten 1950er Jahren seine Heimat Polen und die Gedenkstätte Sobibor zu besuchen. Bei seinen Besuchen setzte er sich immer dafür ein, dass die Erinnerung an die jüdischen Opfer nicht verfälscht wird oder in Vergessenheit gerät. Im Laufe der darauf folgenden Jahre wurden auf der Mauer Gedenktafeln in weiteren Sprachen angebracht, bis man im Jahr 2014 Tafeln in Englisch, Hebräisch, Jiddisch, Polnisch, Niederländisch, Französisch, Slowakisch und Deutsch finden konnte. Die Gedenktafel mit dem deutschen Text wurde am 10. Oktober 2003 von der deutschen Botschaft in Warschau angebracht. Diese Mauer mit der Tafel ist im Jahr 2014 im Zuge der archäologischen Arbeiten abgerissen worden.
Zum 50. Jahrestag des Aufstands in Sobibor, wurde am 14. Oktober 1993, ein kleines Museum auf dem Gelände des ehemaligen Mordlagers eröffnet. Das Holzgebäude war zuvor als Kindergarten und als Schulungsgebäude der Forstwirtschaft genutzt worden. Mit der Museumseröffnung übernahm der Landkreis Wlodawa die Verantwortung für das Gelände der ehemaligen Mordstätte. Die Gedenkstätte Sobibor wurde eine Abteilung des Regionalmuseums von Wlodawa.
Im Jahr 2003 wurde auf Initiative des Bildungswerks Stanisław Hantz und der Gedenkstätte Sobibor zum 60. Jahrestages des Aufstands die Gedenkallee eingeweiht. Die Gedenkallee für die ermordeten jüdischen Menschen in Sobibor ist ein nichtstaatliches Gedenk- und Erinnerungsobjekt. Jeder und jede konnte einem Opfer des Vernichtungslagers einen Baum sowie einen Gedenkstein stiften. Diese Bäume und Steine bildeten eine Allee, die dem Weg folgte, den die Opfer zu dem Ort gehen mussten, wo man die Gaskammer vermutete. Im Jahr 2004, ein Jahr nach der Eröffnung, stieg auch die Stichting Sobibor aus Amsterdam/Niederlande mit in das mit Projekt ein. 19 Deportationszüge waren aus den Niederlanden in das Vernichtungslager Sobibor geleitet worden.
In den letzten zehn Jahren haben sich Hunderte Menschen aus Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Israel, Australien, USA und Polen an der Entstehung und Finanzierung der Gedenkallee beteiligt. Mittlerweile säumen über 270 Steine die Allee rechts und links des Weges. Mit der Neugestaltung der Gedenkstätte, wird die Allee in ihrer jetzigen Form nicht bestehen bleiben. Die bisherigen Planungen sehen vor, dass die Bäume gefällt werden und die Steine an einem anderen Ort liegen werden. Es soll nicht mehr möglich sein, neue Steine aufzustellen.
Konzepte und Vorgehen
Erste Veränderungen um die Gedenkstätte Sobibor begannen im Jahr 2012, als das Kreismuseum den Status eines Staatsmuseums erhielt und zu einer Abteilung der Gedenkstätte Majdanek wurde. Man leitete umfassende archäologische Arbeiten ein. Seit diesem Zeitpunkt war die Gedenkstätte ganzjährig geöffnet. Zwei Freiluftausstellungen auf dem Gelände der Gedenkstätte informieren die Besucher zur sogenannten Aktion Reinhard und zur Geschichte des Mordlagers Sobibor. Mittlerweile wurde das alte Holzmuseum abgerissen und die Elemente der ersten Gedenkstätte sind nur noch teilweise erhalten. (Die Mauer ist abgerissen, die Frauenstatue versetzt).
Bei den mehrjährigen archäologischen Arbeiten auf dem Gelände der Gedenkstätte Sobibor wurde der Verlauf der sogenannten Himmelfahrtsstrasse gefunden. Der Weg, der die Jüdinnen und Juden in die Gaskammern führte. Auch konnten die Fundamente der Gaskammern freigelegt werden.
Im Jahr 2014 wurde das Gelände der Gedenkstätte auf 25 Hektar erweitert. Die ehemalige Eisenbahnrampe, wo die Jüdinnen und Juden aus den Waggons steigen mussten und von dort in das Mordlager geführt wurden, wird zukünftig zur Gedenkstätte gehören. Leider jedoch ist die ehemalige Kommandantur des Vernichtungslagers, das sogenannte „Grüne Haus“, nicht in das Neugestaltungskonzept aufgenommen wurden.
In diesem Jahr wird nun begonnen, das Gelände umzugestalten. Das Konzept, das den Wettbewerb gewonnen hatte, sieht vor, dass Besucher und die Besucherin sich zukünftig auf einen Rundgang durch das Gelände begibt. Beginnend mit einem Besuch des Museums geht er oder sie anschließend auf dem Weg entlang der „Himmelfahrtstraße“ zu dem Ort, an dem sich die Gaskammern befunden haben. Dort kann sie oder er einen Blick auf das Feld der Massengräber werfen. Auf dem Weg zurück zum Parkplatz geht sie oder er an den Gedenksteinen vorbei, die einmal auf der Gedenkallee gestanden hatten. Im Einzelnen soll dieses so aussehen:
Das hölzerne Museumsgebäude, das bereits 2014 abgerissen wurde, wird durch ein neues moderne Museumgebaude ersetzt. Entstehen soll ein einstöckiges, dreigeteiltes Gebäude, mit einer holzähnlichen Fassade. Ab dem Jahr 2017 soll den Besuchern die Möglichkeit geboten werden, sich in einer neukonzipierten Ausstellung zu informieren. Entstehen sollen hier des weiteren ein Konferenzraum, Toiletten und die Büros der Mitarbeiter des Museums. Die im Museumsgebäude entstehenden Glasfronten sollen den Blick auf die unterschiedlichen Perspektiven der Opfer zeigen. In Richtung Norden zeigt der Blick des Besuchers auf den Weg, den die Opfer durch die sogenannte `Himmelfahrtsstrasse´ zur Gaskammer gehen mussten, in Richtung Süden auf den Platz im ehemaligen Lager 1, auf dem am 14. Oktober 1943 der Aufstand begann.
Direkt hinter dem neuen Museum schließt sich der Platz an, an dem sich die Opfer vor mehr als 70 Jahren entkleiden mussten. Hier soll die Statue der Frau mit ihrem Kind auf dem Arm stehen, die bereits 1965 auf der Gedenkstätte errichtet wurde. Sie soll an dieser Stelle die Situation der Opfer symbolisieren, die hier von ihren Familien getrennt wurden, die Angst und die Einsamkeit im Angesicht des bevorstehenden Todes.
Bisher stand die Statue an dem Ort, an dem die Gaskammern vermutet wurden, was die Ausgrabungen der Archäologen im September 2014 bestätigten.
Eine drei Meter hohe Betonmauer, die hinter dem Museum beginnt, wird sich entlang der `Himmelfahrtsstraße´ durch den Wald zu den Gräberfeldern schlängeln. Auf diesem Weg wurden die Opfer in die Gaskammern getrieben. Die Mauer zieht sich bis zu dem Ort, an dem man die Überreste der Gaskammern gefunden hat. Entlang dieser Mauer, in einigen Metern Abstand, sollen Besucher auf einem Weg zu dem Bereich gehen, an dem im September 2014 die Reste des Gaskammergebäudes gefunden wurden. Die Fundamente der Gaskammern werden teilweise sichtbar bleiben, eine Glasplatte zeigt Mauerreste, und der Umriss des Gebäudes wird durch Kieselsteine gekennzeichnet.
Das Gelände der Massengräber wird in Zukunft nicht mehr begehbar sein. Von einer drei Meter hohen Betonmauer umgeben wird der Boden gepflastert, in dem die Überreste der Opfer verbrannt und verscharrt wurden. Durch die unterschiedliche weiß- gräuliche Farbgebung der Pflastersteine werden die Massengräber sichtbar gemacht. Durch eine Wölbung der Pflastersteine wird der Bereich des heutigen „Aschehügels“ angedeutet sein. Die Besucher können einen Blick auf das Gräberfeld werfen, wenn sie am Ort stehen, wo sich die Gaskammern befanden.
Die Gedenkallee wird in ihrer heutigen Form keinen Platz mehr in der Gedenkstätte erhalten. Bereits jetzt wurde sie teilweise abgesperrt. Bekannt ist nur, dass die Steine erhalten bleiben und versetzt werden sollen. Die Fichten, die gleichzeitig gepflanzt wurden, werden abgeholzt. Der neue Standort für die Gedenksteine der Gedenkallee soll die eine Seite des Weges sein, der vom Gräberfeld zurück zum Museum und den Parkplätzen führt. Die Besucher sollen nach ihrem Museumsbesuch und entlang der „Himmelfahrtsstraße“ an der Stelle der Gaskammern ankommen. Nach dem Stand der heutigen Planung sollen die Besucherinnen und Besucher auf ihrem weiteren Weg durch die Gedenkstätte an den Gedenksteinen die ursprünglich in der Gedenkallee standen entlang gehen.
Wenn die Arbeiten in diesem Frühjahr beginnen, soll der Zugang zum Gelände des ehemaligen Vernichtungslagers Sobibor bis auf weiteres aus Gründen der Bausicherheit geschlossen werden.
Informationen zum Konzept der Neugestaltung:
PROJECT-SOBIBOR-presentation.pdf