Wir möchten euch auf die neusten Entwicklungen um den Erhalt der ehemaligen Kommandantur des deutschen Vernichtungslagers in Bełżec informieren.
Im Frühsommer dieses Jahres haben wir mit einer spontan gestarteten Kampagne versucht, Geld zu sammeln, um bei einer Versteigerung des Gebäudes und Geländes der ehemaligen Kommandantur in Bełżec durch die Polnische Bahngesellschaft PKP mit zu bieten und das Haus zu erwerben. Wir wollten damit verhindern, dass das als Bauland ausgeschriebene Gelände an Investoren oder sonstige Interessierte verkauft wird und anschließend vermutlich entweder verfällt oder das Haus gar abgerissen wird um das Gelände anderweitig zu nutzen.
Die Resonanz auf unser Bemühen war groß. Aus vielen Teilen Deutschlands und der Welt gab es moralische und finanzielle Unterstützung und wir fühlen uns außerordentlich darin bestätigt, die Initiative in dieser Sache ergriffen zu haben. Auch medial gab es eine ausführliche Berichterstattung im Radio sowie in Zeitungen in Deutschland, Polen und Italien.
Kritik wurde dabei besonders am Plan der PKP geäußert, die, ohne Würdigung der historischen Bedeutung des Gebäudes, in Kauf genommen hat, dass die ehemalige Kommandantur für immer verschwindet. Darauf hin wuchs der politische Druck und schließlich wurde die Versteigerung in Lublin von der PKP kurzfristig abgesagt. Die Entscheidung war gefallen, die Kommandantur sowie das Gelände, auf dem das Gebäude steht, dem polnischen Staat zu überschreiben.
Im September 2015 hat der polnische Staat entschieden, dass das staatliche Museum in Majdanek, in dem die Gedenkstätte Bełżec als Unterabteilung fungiert, die Kommandantur übernimmt. Das polnische Ministerium für Kultur und nationales Erbe hat sich im Oktober 2015 in der Sache an die polnische Bahn, PKP, mit der Bitte gewandt, das Gelände und Gebäude dem staatlichen Museum in Majdanek zu überschreiben. Mit der kostenfreien Überschreibung der Eigentumsverhältnisse ist jedoch noch nicht entschieden, welche finanziellen Mittel der polnische Staat zur Verfügung stellt, um das Gebäude zu sanieren und es einer neuen erinnerungspolitischen Aufgabe zuzuführen.
In unseren Gesprächen mit der Gedenkstätte Majdanek ist der Wunsch geäußert worden, dass das Bildungswerk Stanisław Hantz den ersten Schritt für den Erhalt des Gebäudes finanziert. Für eine weitere Projektentwicklung ist es zunächst nötig, in einem Baugutachten die Bausubstanz prüfen zu lassen und mögliche Maßnahmen zu erörtern und finanziell einzuschätzen. Auf der Grundlage einer solchen Expertise kann sich die Gedenkstätte dann beim polnischen Ministerium für Kultur und nationales Erbe um eine Finanzierung der Sanierungsarbeiten und des Unterhalts bemühen. Auch andere internationale Partner können dann um finanzielle Unterstützung gebeten werden. Für die Erstellung einer solchen Gutachtens sind auf polnischer Seite zurzeit keinerlei finanzielle Mittel vorhanden.
Der langfristige Wunsch der staatlichen Gedenkstätte Majdanek ist es, das Gebäude der ehemaligen Kommandantur in Bełżec für die pädagogische Arbeit der Gedenkstätte nutzbar zu machen. Dies entspricht den Plänen, die auch wir mittelfristig für die Kommandantur im Auge hatten und haben.
Um das Projekt voran zu bringen, haben wir uns nun entschlossen, einen Teil des für den Erhalt der ehemaligen Kommandantur gespendeten Geldes in die Erstellung des Gutachtens zu investieren. Dies haben wir vergangene Woche mit unseren Gesprächspartnern in Majdanek besprochen.
Die weiteren Gelder werden, wie zuvor ankündigt, für zukünftige Projekte an und in der Kommandantur in Bełżec zurückgehalten. Nach wie vor würden wir u.a. gerne auf Informationstafeln über diesen Ort und die Täter der „Aktion Reinhardt“ informieren.
Wir möchten uns noch einmal für die Unterstützung und das gezeigte Interesse bedanken und werden Euch weiterhin auf dem Laufenden halten.