In der Zeit vor Beginn des 2. Weltkrieges lebten 120.000 Einwohner in Lublin, rund 40.000 davon waren Jüdinnen und Juden. Lublin war damit eines der Zentren des kulturellen und religiösen jüdischen Lebens in Polen.
Schon am 18. September 1939 besetzte die deutsche Wehrmacht die Stadt. Zu diesem Zeitpunkt hatten schon mehrere tausend, vor allem jüngere Jüdinnen und Juden, die Stadt verlassen und sind hinter die spätere Demarkationslinie zu den Sowjets geflüchtet. Im März 1941 wurde das Ghetto im alten und armen jüdischen Viertel in Podzamcze eingerichtet.
Neben dem ehemaligen Kloster Dom na Podwale steht an der Grenze des ehemaligen jüdischen Viertels von Lublin die Lampe der Erinnerung. Durch eine Initiative des „Grodzka Gate – Teatr NN“ wurde diese im Jahr 2004 aufgestellt. Sie ist eine der letzten Original Straßenlampen in Lublin. Die Lampe leuchtet Tag und Nacht und soll an die „Welt die nicht länger existiert“ erinnern.
Das Denkmal für die ermordeten jüdischen Menschen in der Lubliner Region
Anfang der 1960er Jahre kam von der jüdischen Gemeinde in Lublin die Idee ein Denkmal für die ermordeten Jüdinnen und Juden zu errichten. Die Hauptinitiatoren waren der der Vorsitzende der jüdischen Gemeine Izydor Sznajdman und der jüdische Historiker Symcha Weis.
Für den Bau des Denkmals wurde ein öffentlicher Wettbewerb ausgeschrieben, den die beiden Krakauer Künstler, der Bildhauer Bugumil Zagajewski und der Maler Janusz Tarabula, mit ihrem Projekt für sich entschieden. Auf dem Denkmal, das die Form einer Matzevah hat, ist eine Inschrift des jüdischen Dichters und Lehrers Itzaak Katzenelson eingraviert „In jeder handvoll Asche, suche ich nach meinen Lieben.“ Am Sockel des Denkmals kann man die Namen einiger der Orte des Leidens und Sterbens der jüdischen Bewohner Lublins lesen: Zamosc, Treblinka, Majdanek, Sobibor, Belzec, Poniatowa, Budzyn, Trawniki, Kiepiec.
Im November 1963, 21 Jahre nach der Auflösung des Ghettos in Majdan Tartarski wurde das Denkmal eingeweiht. Der Standort des Denkmals war der Platz zwischen der Lubartowska und der Swietoduska Strasse. Vor und während des Krieges befand sich an dieser Stelle der Marktplatz in Lublin.
2005 verkaufte die Stadt Lublin das Grundstück auf dem das Denkmal stand an einen Investor. Diese Entscheidung rief öffentliches Interesse, viele Proteste und vor allem Unverständnis und Entsetzen hervor. Vor allem aus der jüdischen Kreisen in Polen und von ehemaligen jüdischen Lubliner Einwohnern in den USA und in Israel gingen Protestbriefe in der Stadt ein. Trotz dessen wurde 2006 das Denkmal an die Ecke ul. Radziwiłłowska und ul. Niecała vor eine Grundschule umgesetzt, abseits der vielbesuchten Altstadt.
Das Grodzka Tor (poln. Brama Grodzka) wurde auch als das Jüdisches Tor bezeichnet. 1342 erbaut und im 18 Jahrhundert neu errichtet, trennte es Jahrhunderte lang die christliche Altstadt vom jüdischen Viertel in Lublin.
Seit den 1990er Jahre befindet sich in diesem alten Torgebäude das „Teatr NN“ Dahinter verbirgt sich heute ein Museum, das sich vor allem mit der jüdischen Geschichte der Stadt beschäftigt. Es werden auch kulturelle Veranstaltungen und Gedenkprojekte organisiert. Neben einem weitreichendes Archiv zum jüdischen Leben in Lublin. Das Herzstück der Ausstellung ist ein beeindruckendes Modell des jüdischen Stadtteil Podzamcze.
Im Jahre 1567 erhielt die jüdische Gemeinde das königliche Privileg für den Bau einer gemauerten Synagoge. Sie bekam den Namen Maharschal, zum Gedenken an den ersten Rektor der Jeschiwa, Rabbiner Salomon Luria. Einige Jahre später wurde in demselben Gebäude eine kleinere Synagoge eröffnet, die den Namen des Rabbiners Majer ben Gedalia, bekannt als Maharam, trug.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Synagoge zerstört und wiederaufgebaut, renoviert und umgebaut. Die grosse Synagoge wurde nur an hohen Feiertagen genutzt und hatte Platz für etwa 3.000 Menschen.
Während des zweiten Weltkriegs wurde die Synagoge als Krankenhaus und Unterkunft für geflüchtete und vertriebene Jüdinnen und Juden genutzt, eine Armenküche versorgte die ärmsten Ghettobewohner mit Essen. Während der Deportationen in das Todeslager Belzec im März/April 1942 diente es den deutschen Besatzern als Sammelstelle. Nach der Liquidierung des Ghettos wurde sie zum Teil zerstört, wie auch ein Großteil der Häuser im jüdischen Viertels Podzamcze.
Im Zuge der Neuplanung der Lubliner Innenstadt nach dem Krieg, ließ 1954 die Stadt,
die Reste der Synagoge für den Bau der neuen Straße abreißen. Heute erinnert eine Gedenktafel am Fuße des Schlosses in polnischer, jiddischer und hebräischer Sprache an den Standort der einstigen größten Synagoge in Lublin.
Am nördlichen Ende der Lubartowska Straße befindet sich die ehemalige Yeshiva von Lublin. Die Initiative zum Bau der Talmundschule in Lublin entstand während des Kongresses der orthodoxen Juden in Wien. Nach dem Entwurf von Agenor Smoluchowski wurde 1924 mit dem Bau begonnen und 1930 die Yeshiva eröffnet. Der Rabbi Meier Shapiro wurde der erste Direktor der Schule, er war durch das weltweite sammeln von Geldern, auch maßgeblich daran beteiligt, das der Bau umgesetzt werden konnte.
Während des 2. Weltkrieges nutzten die deutschen Besatzer das Gebäude als Krankenhaus. Nach dem Krieg wurde es an die Medizinische Fakultät der Maria Curie-Skłodowska Universität übergeben.
2004 übereignete die Stadt Lublin das Gebäude der ehemaligen Yeshiva an die jüdische Gemeinde in Warschau. 2007 ist die renovierte Synagoge im Gebäude wiedereröffnet. Seit 2013 wird das riesige Gebäude mehrfach genutzt. Weiterhin ist hier die Syngoge untergebracht, ebenso eine Mikwa, eine Bibliothek, eine Ausstellung und es beheimatet das Hotel Ilan.
1936 eröffnte die linke jüdische Organisation Bund, das „Isaac Leib Peretz Zentrum für jüdische Kultur“. Isaac Leib Peretz war ein jüdischer Schriftsteller, der 1852 in Zamosc geboren wurde und 1915 in Warschau starb. Zu dem Zentrum gehörten eine Bibliothek, ein Kino und ein Theater sowie eine Schule. Während des 2. Weltkrieges wurde das Haus als Isolationskrankenhaus genutzt.
Nach dem Krieg wurde das „Peretz Haus“ für eine kurze das Zentrum des jüdischen Lebens in Lublin. Es diente nach der Befreiung als Anlaufpunkt und Unterkunft für Jüdinnen und Juden, die während des Holocaust aus ihren Städten vertrieben und ihres Eigentums beraubt wurden. Bis 1949 war dort ebenfalls eine jüdische Grundschule untergebracht.
Heute befindet sich in dem Gebäude der Nationale Gesundheitsfond.
Das jüdische Krankenhaus wurde 1886 eröffnet. Der Bau wurde von der jüdischen Gemeinde finanziert und bot zu Beginn Platz für rund 50 Patienten. In den 1930ger Jahren galt es als eines der modernsten im damaligen Polen.
Während der gewaltsamen Auflösung des Ghettos wurden im März 1942 die Patienten und das Personal des Krankenhauses von den deutschen Besatzern ermordet. Nach dem Krieg übergab die Stadt das Gebäude an die medizinische Abteilung der Marie-Curie Universität. Heute befindet sich im Gebäude die Gynäkologie und Geburtshilfe des städtischen Krankenhauses.
Nach der Befreiung durch die Rote Armee im Juli 1944 wurde in Lublin das Zentrale Jüdische Komitee gegründet. Die Hauptaufgabe des Komitees war es, den überlebenden Jüdinnen und Juden zu helfen. Das Komitee war eine der ersten Anlaufstellen für Überlebende des Holocaust und Rückkehrer aus der Sowjetunion. Unter der Führung des Komitees wurden unter anderem Schulen, Kindergärten und Waisenhäuser eingerichtet und es wurde eine jüdische Zeitung publiziert. Man begann schon sehr früh, die Berichte und Zeugenaussagen der Holocaustüberlebenden zu sammeln.
Das Zentrale Jüdische Komitee war von November 1944 bis März 1945 in Lublin tätig. Danach wurde es nach Warschau verlegt und in Lublin blieb bis 1949 lediglich eine Zweigstelle bestehen.
Das Waisenhaus existierte seit 1863 und wurde durch die jüdische Gemeinde und die Stadt Lublin subventioniert. Auch für die Unterbringung und Versorgung von Älteren und Menschen mit Behinderung stand das Waisenhaus offen.
Zur Zeit der deutschen Besatzung übernahm der Judenrat die Pflege des Waisenhauses, dessen Sitz sich auch im selben Gebäude befand. Nach kürzester Zeit war das Gebäude überfüllt, einige Eltern erhofften sich, das ihre Kinder im Waisenhaus sicherer wären und gaben sie dort in Pflege. Um die 100 Kinder waren zu dieser Zeit hier untergebracht was die Kapazität des Gebäudes um ein vielfaches überstieg. Am 24. März 1943, während der Auflösung des Ghettos, wurden die Kinder und Älteren von den Deutschen Besatzern abgeholt. Zusammen mit 3 Angestellten des Waisenhauses, die ihre Kinder nicht alleine lassen wollten, wurden sie zu einer ca 2 Km entfernten Sandgrube gebracht, wo sie an einer Grube erschossen wurden.
1948 wurde die Leichen exhumiert und auf den neuen jüdischen Friedhof in der Walecznych Straße gebracht. Seit 1987 erinnert ein Denkmal auf dem Friedhof an die Kinder des Waisenhauses.
Seit einigen Jahren erinnert ebenfalls eine Gedenkplatte im Stadtteil Tatary, an die Kinder und ihre Erzieher, die an diesem Ort erschossen wurden.
Der Sitz des Judenrates, der Ende 1939 eingerichtet wurde, war im selben Gebäude untergebracht wie das Waisenhaus. Die Aufgabe des Judenrates war die Anordnungen der deutschen Besatzer umzusetzen. Ihr Vorsitzender war Henryk Bekker, seine Vertreter Marek Alten und Salomon Kestenberg. Dem Judenrat unterstand das jüdische Krankenhaus, das Waisenhaus und die Versorgung von sozial hilfsbedürftigen Menschen. Sie mussten für die Besatzer unter anderem den Ordnungsdienst und die Kontingente zur Zwangsarbeit und später für die Deportationen zusammen stellen. Keine 2 Wochen nach Beginn der Deportationen, am 30. März, wurden auch einige der Mitglieder des Judenrates und der jüdische Ordnungspolizei in Lublin ermordet oder in das Mordlager Belzec verschleppt.
Zwischen dem 17. März und 11. April 1942 wurden über 26.000 Jüdinnen und Juden aus dem Ghetto in Lublin in das Mordlager Belzec verschleppt. Die Menschen wurden aus ihren Wohnungen zur großen Synagoge getrieben. Von hier mussten sie fünf Kilometer durch die Stadt zum städtischen Schlachthof gehen. An einer Eisenbahnrampe mussten sie auf die Todeszüge warten, die sie in das Mordlager Belzec brachten. Zur Zeit des 2. Weltkrieges unterstand der Schlachthof der deutschen Wehrmacht.
Nach dem Krieg fand der Ort in der Öffentlichkeit keinerlei Beachtung. Erst 1990 wurde ein kleiner Gedenkort eingerichtet; leider war er viele Jahre nicht öffentlich zugänglich war. Nur wenigen Einwohnern der Stadt war dieser Ort in Lublin bekannt.
Im März 2017, anlässlich des 70. Jahrestages der Deportationen nach Belzec, wurde ein öffentliches Denkmal an diesem Ort errichtet.
Wieniawa war eine kleine Stadt am Rand von Lublin, 1916 wurde sie in die Stadt Lublin eingemeindet. Zu Beginn des 2. Weltkrieges waren 70 % der Bevölkerung in diesem Stadtteils Lublins Jüdinnen und Juden. Der jüdische Friedhof in Wieniawa wurde in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts von der jüdischen Gemeinde in Wieniawa errichtet.
Im Zuge der deutschen Besatzung wurde 1940 alle jüdischen Bewohner aus ihren Häusern vertrieben und in das jüdische Viertel Lublins, nach Podzamcze, umgesiedelt. Die deutschen Besatzer ließen auf einem Teil des Gelände des jüdischen Friedhofs ein Sportstadium errichten, nutzten für den Bau auch einen Großteil der jüdischen Grabsteine. Nach dem Krieg wurde ein Teil der wiederentdeckten Grabsteine auf den jüdischen Friedhof an der Walecznych Straße umgesetzt. Heute ist das verbliebenen Friedhofsgeländes nur sehr schwer zugänglich, einen öffentlichen Zugang gibt es nicht. 2009 lies die jüdische Gemeinde Warschau – Lublin auf dem Gelände einen Gedenkstein aufstellen.
Der alte jüdische Friedhof ist der älteste noch existierende jüdische Friedhof in Polen. Der Friedhof ist seit dem 17. Jahrhundert von einer bis heute erhaltenen Mauer umgeben.
Der älteste noch erhaltene Grabstein auf diesem Friedhof datiert aus dem Jahr 1541. Von den einst tausenden Grabsteinen stehen heute noch etwa zweihundert. Nur ein Teil ist vollständig erhalten. Ein Großteil der Grabsteine wurde von den deutschen Besatzern im 2. Weltkrieg zum Bau von Straßen verwendet. In dieser Zeit diente der Friedhof als Hinrichtungsplatz, hier wurden jüdische Bürger erschossen.
Um den Friedhof heute zu besuchen, kann man sich gegen einen Pfand den Schlüssel im Hotel Ilian holen.
Als der Friedhof 1829 erbaut wurde, befand er sich noch außerhalb der Stadtgrenzen. In den 1920er Jahren wurde der Friedhof erweitert. Noch während der deutschen Besatzung wurden hier etwa 6000 Jüdinnen und Juden bestattet.
Nach der gewaltsamen Auflösung des Ghettos zerstörten die deutschen Besatzer den Friedhof. Die Grabsteine wurden für den Bau der sogenannten schwarzen Straße, die Lagerstraße im Konzentrationslager Majdanek, genutzt. Auch für den Strassenbau in Lublin wurden die Grabsteine verwendet.
In den 1960er Jahren entschied die Stadt, über das Friedhofsgelände eine Straße zu bauen. Somit blieb nur ein Teil des Friedhofes südlich der neu errichteten Straße erhalten und wird bis heute als jüdischer Friedhof genutzt. Mehrere Denkmäler auf dem Gelände erinnern an die Opfer des Holocaust. Zwischen 1988 und 1993 wurde mit Hilfe der Sara und Manfred Bass – Frankel Foundation der Friedhof gesäubert und es wurde eine Gedenkhalle errichtet. Mit wieder aufgefundenen Grabsteinen wurde ein Lapidarium im nördlichen Teils des Friedhofs angelegt.
Wieder aufgefundene Grabsteine von nicht mehr existierenden jüdischen Friedhöfen aus der Region Lublin werden hier auf dem neuen Friedhof aufgestellt.
Vor 78 Jahren, am 3. und 4. November 1943, ermordeten deutsche SS- und Polizeieinheiten in einer der größten Massenerschießungsaktionen des Zweiten Weltkrieges über 42.000 Jüdinnen und Juden. Die Haupttatorte im damaligen Distrikt Lublin im Generalgouvernement waren die Zwangsarbeitslager Trawniki und Poniatowa sowie das Konzentrationslager Lublin (Majdanek).
Die Ausstellung wurde von der Gedenkstätte Majdanek zum 70. Jahrestag der „Aktion Reinhardt“ erstellt. Bei Interesse kann die deutsche Übersetzung ausgeliehen und gezeigt werden.
Übersetzung eines Artikels über die Bildungsreise des Bildungswerks nach Lublin im Jahr 2005. Erschienen in der polnischen Zeitung „Gazeta Wyborcza“ vom 12.09.05.
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